Seit unserer Gründung setzen wir uns für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ein. Wir wollen, dass alle mit am Tisch sitzen. Jede Person, die grüne Werte und Ziele teilt, sich in der Partei einbringen können – ohne Barrieren und Hürden. Diese wollen wir in unseren Parteistrukturen finden und einreißen. Letztes Jahr haben wir deswegen mit einer überwältigenden Mehrheit das Vielfaltsstatut beschlossen.
Jetzt haben wir die Chance, das Statut in unserer gesamten Partei mit Leben zu füllen. Gemeinsam können wir Barrieren identifizieren, sie abbauen und unsere Partei zu einem noch vielfältigeren und inklusiven Ort für alle Menschen machen. Packen wir es an!
Aus dem Statut lassen sich die ersten Schritte auf der Bundesebene ableiten. Vereinzelt haben Landesverbände bereits eigene Arbeitsgemeinschaften Vielfalt gegründet, um zu erarbeiten, wie das Bundesstatut auf der Landesebene umgesetzt werden kann. Aber was sind konkrete erste Schritte für Kreisverbände, die Mitochondrien unserer Partei und der Ort, den die meisten Mitglied zuerst kennenlernen? Diese Frage hat mich in den letzten Tagen ein wenig umgetrieben und das Ergebnis habe ich in folgenden Impulsen niedergeschrieben.
- Vielfaltspolitische Sprecher*in im Kreisvorstand
Ein großer Gewinn ist es, wenn sich eine Person aus dem Kreisvorstand das Themenfeld zum eigenen politischen Projekt macht. Eine solche vielfaltspolitische Sprecher*in kann koordinieren, motivieren, Ansprechpartner*in sein und die Einbettung in allen weiteren Aktivitäten sicherstellen.
Sind im Kreisvorstand bereits alle mit anderen politischen Projekten ausgefüllt, kann die Aufgabe erstmal auch ohne formalen Unterbau einem motivierten Mitglied im Kreisverband übertragen werden, um den Ball ins Rollen zu bringen.
Da es sich um eine strukturelle und auf Dauer angelegte Aufgabe handelt, macht es Sinn das Amt formal in der Satzung zu verankern, analog zur frauenpolitischen Sprecher*in, und die Funktion innerhalb des Vorstands durch die Mitgliederversammlung zu wählen. Beispielweise durch das aufnehmen des Satzes: „Die Mitgliederversammlung wählt aus den gewählten Mitgliedern des Vorstands eine frauenpolitische Sprecherin und eine*n vielfaltspolitische*n Sprecher*in„.
- Mitgliederversammlung zum Thema
Ein weiterer erster Schritt ist es eine Versammlung zum Thema durchzuführen. Hier kann das Vielfaltstatut nochmal in seiner jetzt beschlossenen Form vorgestellt werden, sich darüber ausgetauscht werden, welche Aspekte für den eigenen Kreisverband ggf. prioritär sind und innerhalb der Mitgliedschaft dafür geworben werden sich selbst aktiv in den Prozess einzubringen.
Eine Möglichkeit ist dazu auch ein Mitglied aus der ursprünglichen AG Vielfalt einzuladen.
- Arbeitsgemeinschaft Vielfalt gründen
Durch das Werben auf der Mitgliederversammlung, über Mailinglisten etc. kann eine lokale AG Vielfalt gestartet werden.
In der lokalen AG Vielfalt treffen sich regelmäßig motivierte Mitglieder und gehen gemeinsam erste konkrete Projekte für den Kreisverband an. Die Koordinierung übernimmt idealerweise die vielfaltspolitische Sprecher*in.
- Digitale Mitgliederbefragung
Ein kraftvolles Mittel sind digitale Befragungen der Mitgliedschaft. Durch eine solche Befragung werden auch Mitglieder erreicht, die nicht an den Veranstaltungen teilnehmen. Dabei können beispielweise präferierte Sitzungszeiten, präferierte politische Themen, oder ggf. existerenden Hürden für mehr Engagement abgefragt werden. Dabei würde ich immer für schlanke aber dafür regelmäßige Befragungen werben. Die konkrete Konzeptionalisierung und Auswertung kann die lokale AG Vielfalt unterstützen.
- Barrierefreiheit umsetzen
Barrierefreiheit ist enscheidend. Ich würde dazu raten sich ein oder zwei Dinge vorzunehmen und auf vorhandende unterstützende Ressourcen zurückzugreifen. U.a. aus dem bayrischen Landesverband gibt es sehr hilfreiche Leitfäden: Leitfaden Barrierefrei, Checkliste Leichte Sprache, Checkliste barrierefreie Veranstaltungen, Checkliste barrierefreier Arbeitsplatz und Checkliste barrierefreies Internet. Erneut kann ggf. auf Expertise und Engagement aus der lokalen AG Vielfalt zurückgegriffen werden.
- Vernetzung mit lokalen Vereinen & Initiativen stärken
Fall es nicht sowieso bereits Teil des grünen politischen Alltags vor Ort ist, ist ein kontinuierlicher Austausch mit lokalen Vereinen & Initiativen, die sich politisch um einen Teilaspekte oder das ganze Themenfeld Vielfalt bemühen, wertvoll. Austausch kann dabei in Rahmen einer Einladung einer Gastrede bei einer Mitgliederversammlung, Einladung zu einer Kreisvorstandssitzung, Einladung zu einer Sitzung der lokalen AG Vielfalt und vielen weiteren Wegen passieren. Vernetzung heißt übrigens gerade nicht, dass es immer Konsens gibt. Austausch und Vernetzung ist meiner Meinung nach gerade bereichernd, wenn auch unterschiedliche Perspektiven klar werden und beide Seiten neue Denkimpulse mitnehmen.
- Austausch mit Expert*innen
Das politische Themenfeld Vielfalt beinhaltet sehr viele Facetten, u.a. Geschlecht, eine rassistische, antisemitische oder antiziganistische Zuschreibung, die Religion und Weltanschauung, eine Behinderung oder Erkrankung, das Lebensalter, die Sprache, die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität, den sozialen oder Bildungsstatut oder die Herkunft. Um mehr über eine oder mehrere Dimensionen und potentielle Handlungsoptionen zu erfahren, würde ich dazu raten regelmäßig Expert*innen zum Austausch einzuladen.
Das kann ein Gespräch in Rahmen einer Kreisvorstandssitzung, innerhalb der AG Vielfalt oder eine gemeinsam konzipierte Veranstaltung sein. Eine großartige Ressource für Expert*innen sind unsere programmatisch an dem Themenfeld arbeitenden Landesarbeitsgemeinschaften und Bundesarbeitsgemeinschaften.
- Haushaltsposten Vielfalt einrichten
Ohne Moos nix los. Das gilt auch für die politische Arbeit für Vielfalt. Daher ist eine konkrete Maßnahme, einem dem Gesamthaushalt des Kreisverbandes angemessenden Haushaltsposten für Vielfalt einzurichten. Mit diesen Mitteln können u.a., wenn vor Ort notwendig, Sitzungsräume für die AG Vielfalt bezahlt, Expert*innen eingeladen, politische Veranstaltungen umgesetzt und Workshops durchgeführt werden.
Gar kein Moos? Im Vielfaltsstatut haben wir den Vielfaltscent beschlossen. 1€ pro Mitglied geht in einem Bundestopf, der solidarisch Maßnahmen möglich machen soll. Der konkrete Weg, wie Mittel beantragt werden können, wurde vom Bundesfinanzrat noch nicht entschieden. Es kann auf jeden Fall nicht schaden eure Landesschatzmeister*in zu kontaktieren und zu fragen, ob dieser Weg für euch passend ist, oder ob es auch über den Landesverband noch andere Wege gibt, euer Engagement monetär zu unterfüttern.
- Glücklicher Sisyphos & Fehlerkultur
Wenn wir uns auf dem Weg machen und neue Dinge ausprobieren, wird nicht immer alles klappen. Das gehört dazu. Den konkreten Moment heißt es dann als Lernerfahrung zu nutzen und festzuhalten, was wir das nächste Mal anders versuchen wollen. Bei Zusammenhalt in Vielfalt ist der Weg das Ziel.
Und der Weg ist gemeinsam kontinuierlich eine noch vielfältige & inklusivere Partei zu schaffen. Wie famos!
Habt ihr weitere Ideen?, oder Feedback? Kontaktiert mich gerne @JensParker.